Windkraft steht immer wieder im Fokus hitziger Debatten – von Rückbaukosten über ihre Rolle als Übergangstechnologie bis hin zu vermeintlichen Gesundheitsrisiken. Doch was ist wirklich dran an den häufigsten Windkraft-Behauptungen?
Im Jahr 2024 stammten etwa 33 Prozent der gesamten Stromerzeugung in Deutschland aus der Windenergie. Dabei waren an Land mehr als 28.500 Onshore-Windenergieanlagen in Betrieb, in deutschen Gewässern rund 1.500 Offshore-Anlagen.
Allein im Jahr 2024 konnten in Deutschland so rund 136 Terawattstunden Strom aus Windenergie erzeugt werden. Die Windkraft ist damit die wichtigste Stromquelle hierzulande, noch vor Kohlekraftwerken. 2023 lag die Zahl mit 139 Terawattstunden sogar noch höher. Damit ist Deutschland im europäischen Vergleich Spitzenreiter, vor Spanien, Frankreich und Schweden.
Die Windenergie hat also in der Stromversorgung einen wichtigen Stellenwert in Deutschland, machte sie doch im vergangenen Jahr ein Drittel des gesamten Stroms aus. Dennoch ist sie auch umstritten und sorgt regelmäßig für Diskussionen. Dabei geht es um mögliche Gesundheitsrisiken, der Frage nach Rückbaukosten oder ihrer Einstufung als Übergangstechnologie.
Wie stichhaltig sind Windkraft-Behauptungen wirklich?
Vor allem während des Wahlkampfes vor der Bundestagswahl war auch die Windenergie immer wieder Thema. So äußerte sich beispielsweise Friedrich Merz, der damals noch als CDU-Spitzenkandidat auftrat, im Talk mit Maybrit Illner im ZDF zur Windkraft, die in seinen Augen nur eine „Übergangstechnologie“ sei.
„Wenn wir alles richtig machen, können wir die Windräder irgendwann wieder abbauen – sie sind hässlich und passen nicht in die Landschaft“, erklärte Merz im November 2024 in der Talkshow. Doch wäre das tatsächlich sinnvoll?
Welche Folgen hätte ein Rückbau von Windanlagen?
Ein Rückbau in der Windenergie wäre allerdings nicht nur unter klimatechnischen Gesichtspunkten unsinnig, sondern auch aus wirtschaftlicher Perspektive. Denn bei Windkraftanlagen entfällt der größte Teil der Stromgestehungskosten auf die anfänglichen Investitionen – die bei bestehenden Anlagen bereits getätigt wurden. Die laufenden Betriebskosten hingegen betragen nur einen Bruchteil. Damit ist der durch Windkraftanlagen produzierte Strom nicht nur emissionsarm, sondern auch vergleichsweise günstig.
Problematisch an den Diskussionen für den Rückbau der Windenergie ist vor allem das Signal, das potenziellen Investoren damit übermittelt wird. Denn diese brauchen Planungssicherheit, sollen doch bis zum Jahr 2032 laut dem Windenergieflächenbedarfsgesetz zwei Prozent der Fläche Deutschlands für Windenergie genutzt werden.
Besteht bei der Windkraft eine Gefahr durch Infraschall?
Die Frage nach einer möglichen Gesundheitsgefahr durch Infraschall von Windkraftanlagen wird häufig diskutiert – wissenschaftlich betrachtet gibt es jedoch bislang keinen eindeutigen Nachweis, dass der von Windrädern erzeugte Infraschall für den Menschen gesundheitsschädlich ist.
Lärmbelästigung kann jedoch gesundheitliche Auswirkungen auf den Menschen haben und beispielsweise erhöhten Stress hervorrufen oder zu Schlafstörungen führen. In Deutschland gibt es allerdings Vorschriften, in welchen Abständen Windkraftanlagen zu Wohngebieten gebaut werden dürfen, um eine Beeinflussung zu vermeiden.
In der Diskussion um Infraschall wird oft auch eine fehlerhafte Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) angeführt. Bei der Studie aus dem Jahr 2009 kam es zu einer fehlerhaften Berechnung des Schalldruckpegels.
Die Belastung durch Windkraftanlagen wurde dabei als viel zu hoch deklariert. Erst im Jahr 2021 fiel der Fehler auf, bis dahin hatte sie Gegner der Windkraft aber jahrelang vermeintliche Argumente geliefert.
Welche Auswirkungen haben Windkraftanlagen auf Tiere?
Laut dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) ist davon auszugehen, dass jährlich etwa 100.000 Vögel von Windkraftanlagen getötet werden. „In absoluten Zahlen gesehen sind das Wenige im Vergleich zu den Millionen Vögeln, die Katzen, Glasscheiben oder dem Verkehr zum Opfer fallen“, heißt es vom NABU.
Allerdings seien vor allem größere Vogelarten betroffen, für die Windkraftanlagen also bestandswirksame Auswirkungen haben könnten. Der NABU spricht sich dennoch nicht vollständig gegen Windkraftanlagen aus und befürwortet einen naturverträglichen Ausbau der Windenergie.
„Es ist wichtig zu betonen, dass die Auswirkungen sehr standort- und artenspezifisch sind“, erklärt Jann Weinand, Leiter der Abteilung Integrierte Szenarien am Institute of Climate and Energy Systems am Forschungszentrum Jülich gegenüber der ARD. In einer Anfang des Jahres erschienenen Metastudie hat Weinand mit zahlreichen Kollegen die Forschungslage zur Windkraft analysiert.
Weinand ist überzeugt, dass eine geeignete Standortwahl und der Einsatz von technischen Lösungen dazu beitragen kann, die negativen Auswirkungen der Windkraft auf die Tierwelt zu reduzieren. Dazu könnten Abschaltzeiten während der Dämmerung und Migrationsphasen sowie detektorbasiertes Abschalten für Fledermäuse zum Einsatz kommen.
Windkraft-Behauptungen: Wie effizient ist Windenergie?
Betrachtet man die Effizienz von Stromerzeugung, ist vor allem der Wirkungsgrad entscheidend. Dieser Wert gibt an, wie viel der im Wind enthaltenen Energie tatsächlich in elektrischen Strom umgewandelt wird.
Bei Windkraftanlagen beträgt dieser Wert in der Regel zwischen 40 und 50 Prozent. Der maximale Wirkungsgrad eines Windrads ist dabei auf rund 59,3 Prozent begrenzt.
Im Vergleich zur Solarenergie hat die Windkraft damit einen entscheidenden Vorteil. Denn diese erreichen in der Regel unter normalen Bedingungen einen Wirkungsgrad von rund 20 Prozent.
Doch während der Wirkungsgrad vor allem bei konventionellen Kraftwerken entscheidend ist, ist für die Effizienz von Windkraft eher der Kapazitätsfaktor aussagekräftig. Dieser gibt an, wie viele Stunden eine Anlage jährlich im Verhältnis zu ihrer möglichen Volllast arbeitet.
Bei Onshore-Windkraftanlagen in Deutschland liegt dieser Wert mit 2.000 bis 2.500 Volllaststunden pro Jahr im Schnitt bei rund 20 bis 30 Prozent. Offshore-Anlagen können mit bis zu 4.000 Volllaststunden hingegen einen höheren Kapazitätsfaktor von bis zum 45 Prozent erreichen.
Stromgestehungskosten für Windenergie
Betrachtet man die Effizienz von Windkraftanlagen, müssen auch die Stromgestehungskosten einbezogen werden. Denn diese sind vor allem auch aussagekräftig bezüglich der Wirtschaftlichkeit der Anlagen.
Denn die Stromgestehungskosten bezeichnen die durchschnittlichen Kosten, die bei der Erzeugung von einer Kilowattstunde Strom über die gesamte Lebensdauer einer Stromerzeugungsanlage anfallen. Sie geben also an, wie viel es insgesamt kostet, Strom aus einer bestimmten Energiequelle zu produzieren.
Bei der Onshore-Windkraft lag diese Zahl im Jahr 2024 laut dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE zwischen vier und neun Cent pro Kilowattstunde. Die Windenergie ist damit eine der kostengünstigsten Technologien für die Erzeugung von Strom.
Einen der größten Posten stellen dabei die anfänglichen Investitionen vor der Inbetriebnahme dar, beispielsweise für den Aufbau einer Anlage. Der laufende Betrieb ist bei Windkraftanlagen hingegen vergleichsweise günstig, weshalb der Rückbau von Windkraftanlagen aus wirtschaftlicher Sicht keinen Sinn ergeben würde.
Die Stromgestehungskosten von Photovoltaikanlagen liegen im Vergleich dazu bei vier bis 14 Cent pro Kilowattstunde. Ein Kohlekraftwerken kommt auf 14 bis 29 Cent, Kernkraftwerke auf 14 bis 49 Cent pro Kilowattstunde.
Doch Windkraftanlagen stellen nicht nur bezüglich ihrer Stromgestehungskosten eine kostengünstige Möglichkeit dar, um Strom zu erzeugen. Da Wind kostenfrei zur Verfügung steht, hat die Windenergie noch weitere Kostenvorteile, beispielsweise gegenüber fossilen oder nuklearen Kraftwerken.
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